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Das vierte Schulmagazin

27 Schulmagazin - Grenzenlos - nik neu interpretiert hat. Als erzeugendes Prinzip des Geschmacksurteils – oder allgemeiner: der Lebensform eines Indivi- duums – erkennt Bourdieu (1979, La distinction. Critique sociale du jugement [Die feinen Unter- schiede]) den Habitus, der im Wesentlichen nichts anderes als die Gewohnheit ist, die unser alltägli- ches Handeln bestimmt. Mit den Flüchtlingsströmen wird diese Gewohn- heit alltäglichen Handelns in Frage gestellt. Bourdieu geht davon aus, dass es die Erfahrungen sind, die ein Mensch im Laufe seines Lebens macht und zwar von Geburt an. Als soziales Wesen ist der Mensch spätestens ab dem Zeitpunkt seiner Geburt in eine soziale Gemeinschaft und Gesellschaft ein- gebunden bzw. ihr ausgesetzt, kann gleichermaßen aber auch von Beginn an auf sie einwirken (und das nicht nur mittels Geschrei, das herbeiruft, sondern schon allein durch Anwesenheit – man denke an all die Handlungen und Bewegungen, die in einem Krankenhaus nur deshalb ausgeführt werden, weil dort ein Neugeborenes ist). Von Beginn an umgibt ihn also ein bestimmter Umgang, der sich vermit- tels seiner körperlichen Erkenntnis in ihm mani- festiert. Die Erfahrungen, die er von nun an „sammelt“, ku- mulieren in seinem Habitus, der sich als „einver- leibte, zur Natur gewordene und damit als solche vergessene Geschichte“ auffassen lässt. Sämtliche Erfahrungen (eigener und fremder Handlungen), die zunächst bewusst erscheinen, geraten in dem Maße also in Vergessenheit, in dem sie dem Kör- per bewusster und damit eigen werden. Es ist aber nicht nur die Art und Weise, den Körper zu be- wegen, die sich im Habitus manifestiert, sondern auch die Geisteshaltung, die Art und Weise, die Welt wahrzunehmen und Vorgänge in ihr zu be- werten. Der Habitus funktioniert als inneres Gesetz, wie eine Strategie ohne Absicht und bringt gerade deswegen diejenigen Handlungen hervor, die uns gewöhnlich erscheinen. Mehr noch: Da mit dem Hervorbringen des Habitus unweigerlich das Ver- gessen über seine Hervorbringung und damit Be- dingtheit einhergeht, erscheinen uns unser Han- deln und unsere soziale Umwelt als natürlich und unser selbstverständliches Handeln gerät dort ins Stocken, wo wir auf eine Umwelt treffen, die nicht konform ist. Erst dann wird bewusst, wie speziell und keinesfalls natürlich unser Verhalten und un- sere Wahrnehmung sind. Wir durchschauen als leistungsstolze Subjekte zwar nicht mehr die glo- balisierte Welt, deren Vorzüge wir gerne entgegen- nehmen und fokussieren uns auf immer kleinere Spielfelder unsres Tuns. Aber über die Gestaltung einer Willkommenskul- tur hinaus, muss nun Integrationsarbeit in der Tat geleistet werden. Smartphone - Metapher für eine neue Dimension Ein prägnantes Bild als Metapher für eine neue Di- mension der Migration ist der Flüchtling mit dem Smartphone. Smartphones kennen keine Grenzen. Im global vernetzten Raum werden mit dem Smartpho- ne Menschen über Erdteile hinweg verbunden. Smartphones demokratisieren Wissen und verbin- den Individuen. Grenzenlos wandern Daten über den Globus. Das Smartphone des Flüchtlings ist das Synonym für Globalisierung, Mobilität, Gemeinschaft und Vernetzung. Unbezweifelbar ist die Globalisierung Teil des Flüchtlingsproblems, denn der Wohlstand der westlichen Welt verursacht Armut und Spannun- gen in anderen Ländern. Die Flüchtenden sind immer schon mit uns verbun- den, dies wird keiner leugnen wollen. Die Flücht-

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