14 Schulmagazin - interview mit stefan koch - selbst abzuschaffen? Wir leben davon und funktionieren gut mit einer spezifischen Klientel, die unsere Schulen besucht und uns Katholische Schule sein lässt. Stefan Koch: Die Frage ist völlig berechtigt. Ich versuche noch mal, den Bogen ein wenig weiter zu spannen. Ka- tholische Schule gibt es nicht nur in Deutschland und nicht nur in Europa, sondern weltweit. Die Zusammensetzung der Katholischen Schulen welt- weit ist völlig unterschiedlich. Es gibt Katholische Schulen, in denen es kaum katholische Kinder gibt. Allein das zeigt bereits, dass das katholische Pro- fil einer Katholischen Schule nicht nur davon ab- hängt, welcher Konfession die Kinder angehören. Wie wird denn dann das katholische Profil gelebt? Stefan Koch: Wenn mein zuvor geäußerter Gedanke, mein Handeln als Vertreter des Schulträgers, der Schul- leitung oder als Lehrkraft sei christlich motiviert und inspiriert, richtig ist, dann habe ich einen gu- ten Grund anzunehmen, dass die Wirklichkeit an einer solchen Schule eine christlich inspirierte ist. Katholische Schule verträgt sehr viel Fremdheit und benötigt auch immer wieder neue Fremd- heiten. Wenn ich den Begriff „katholisch“ rich- tig verstehe oder auffasse, dann bedeutet er „das Umfassende auch des Fremden“. Das Fremde soll umfasst und integriert werden. Schwierig wird es, wenn man eine Quantifizierung des zu umfassen- den Fremden versucht. Das ist immer sehr schwer zu beantworten. Erziehung ist als Kernthema aus der Philosophie verschwunden. In großer Selbstverständlichkeit dachten Platon, Aristoteles, Kant, Hegel, Rousseau und Locke über Erziehung nach. Platons berühm- tester Dialog „Der Staat“ thematisiert nahezu aus- schließlich die Erziehung. Wie müssen wir uns und die anderen erziehen, um einen geordneten, funktionierenden Staat zu kreieren? Geschichtlich betrachtet waren Ziele und Zwecke der Erziehung die wichtigsten Fragen der Philosophie. Nun aber haben Psychologen, Öko- nomen und Erziehungswissenschaftler dieses Feld übernommen. Die Motivation, mündige Bürger für eine funktionierende demokratische Staatsform zu erziehen, ist auf der Basis einer funktionieren- den Demokratie mit affiner Wertevermittlung vom Kerngeschäft der Erziehung abgekoppelt. Wir leben in keinem Naturstaat, sondern in einer hoch diffe- renzierten Gesellschaft mit allen Annehmlichkeiten der Zivilisation, deren Habitus sich längst zwischen Natur- und Vernunftstaat eingependelt hat. Wo ist die Philosophie oder wann bringt sie sich weder ins Spiel? Stefan Koch: Die Philosophie ist hoffentlich noch da. Zulieferer und kritisches Korrektiv zu sein, sind zwei Ansich- ten der gleichen Sache. Insbesondere in einer so verstandenen Bildung spielt die Philosophie eine ganz besondere Rolle. Philosophisch und pädago- gisch sollte an unseren Schulen immer eine Refle- xion in Gang gesetzt werden, wenn gesellschaftlich urchristlich humanitäre Anliegen marginalisiert werden. Sie müssen dann Gegenstand des Unter- richts sein. Grundsätzlich hoffen wir, Zulieferer für die Gesellschaft zu sein, indem unsere Absol- venten und Absolventinnen in ihren späteren Be- rufen gesamtgesellschaftlich wirken und sich mit Ungerechtigkeiten nicht einfach abfinden. Sie sol- len die Mündigkeit haben, Ungerechtigkeiten zu thematisieren und nicht zu ignorieren. Der politi- sche Aspekt ist eine Facette. Die individual-spezifi- sche Frage nach einem gestalteten, glücklichen und