99 Schulmagazin So wichtig das „Brot der Erde“ ist, davon allein wird der Mensch nicht satt. Sehr anschaulich verdeutlicht uns dies der Schriftsteller Franz Kafka (+ 1924): Er schreibt von einem Hungerkünstler – einem Mann, der mit einem Zirkus reiste, und dessen Kunst darin bestand, über Wochen und Monate ohne Nahrung auszukommen. Er saß in einem Käfig; an einer Tafel war zu lesen, wie viele Tage er bereits hungerte. Aber: irgendwann war das für die Menschen auch nicht mehr interessant – und der Helfer, der die Tafel aktualisiert hatte, vergaß den Hungerkünstler. Und als er sich erinnerte, fand er ihn – gerade noch lebend … Er lobte den Hungerkünstler: Niemand habe es geschafft, so lange ohne Nahrung auszukommen. „Nein, ihr braucht mich nicht zu bewundern“, flüsterte dieser mit letzter Kraft, „es ist keine Kunst für mich: ich kann nicht anders als hungern … weil ich nicht die Speise finden konnte, die schmeckt. Hätte ich sie gefunden, glaube mir, ich hätte kein Aufsehen gemacht –und mich satt gegessen– wie du und alle.“ Und dann starb er. Der Mensch –hungrig– auf der Suche mit seinem Hunger nach mehr … Genau hier setzt die Antwort Jesu an die Jünger ein: „Müht euch nicht ab für die Speise die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt – und die der Menschensohn euch geben wird.“ (Joh, 6, 27) Und in der sogenannten „Brotrede“ sagt Jesus später: „Ich bin das Brot des Lebens, wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (Joh, 6,35) Das ist das Angebot an den Menschen, der hungert: nach Liebe – nach Leben – nach Gott. Lassen sie mich noch ein Beispiel aus der Literatur nennen, das verdeutlicht, wovon der Mensch in Wirk- lichkeit lebt: Von Rainer Maria Rilke wird berichtet, dass er während seines Paris-Aufenthaltes jeden Tag um die Mit- tagszeit –in der Begleitung einer jungen Französin– an einer alten Bettlerin vorbeikam. Sie nahm die Gaben der Vorübergehenden entgegen.