44 Schulmagazin len. Was ist mit den Eltern? Katholische Schulen geben ihnen eine Gelegenheit, die Stadt der Schule mitzugestalten. Wir täuschen uns selbst, wenn wir von ihnen forderten, schon ganz in der Christus- beziehung und der Gemeinschaft der Kirche ange- kommen zu sein. Auch solche Eltern gibt es, und unsere Schulen brauchen sie. Jedes Jahr kommen aber auch die Eltern in die Bewerbungsgespräche, die kaum einen eigenen religiösen Standpunkt formulieren können. Nehmen wir es nur zähne- knirschend hin, oder freuen wir uns auf die ver- wirrende Vielfalt erzieherischer Erfahrung in der Elternschaft? Das gilt auch für das Lehrerkollegi- um: Auch unsere Kollegien sind Städte, plural, in- dividuell, oft im besten Falle suchend und fragend nach einem guten Leben, nicht regelmäßig über- zeugte Glieder der Kirche; wie kann man mit die- ser Realität umgehen? Zunächst einmal: wenn Kir- che in die Stadt geht, ist dies kein Defizit, sondern genau der Ort, wo unsere Arbeit mit den Menschen beginnt. Um ihres Heiles willen. 2. Christen in der Stadt 2.1. Es kommt auf die Qualität, nicht primär die Quantität der Zeugen an. Als Paulus sich auf dem Areopag dem Gespräch mit den Gebildeten stellt, ist er allein. Christentum in der Stadt beginnt mit dem Glaubenszeugnis ei- nes einzelnen. Als wir mit Freunden vor Jahren in Kairo waren, haben wir auch eine katholische Schule besucht, die von Ordensschwestern geleitet wurde. Ich kann die Zahlen nicht genau sagen, aber in einem sol- chen muslimischen Umfeld waren sicher über 90% der Schülerinnen und Schüler und auch der Lehrer keine Christen, sondern praktizierende Muslime. Und dennoch hatte die Schule ein christliches Pro- gramm für die Stadt entfaltet und damit ganz bewusst die Entscheidung für das Risiko der Be- gegnung trifft. Ein Teil seines Pastoralprogramms sind die Schulen. Sie sind nicht nur Kirche in der Stadt, so als seien sie unübersehbare Leuchttürme im Chaos der Städte, sondern sie sind selbst die Städte, in denen sich die Kirche der Begegnung stellt. Anders ist es auch nicht mit dem KFG, des- sen Gründungsfest wir heute feiern, und mit an- deren katholischen Schulen. Wir können natürlich unser KFG definieren als Bollwerk gegen all das, was unsere moderne Kultur ausmacht und so weit weg ist vom Leben und Anspruch der Kirche. Al- lerdings sollte sich keiner der Illusion einer heilen katholischen Schulwelt hingeben, als sei die Stadt da draußen, und wir das kleine „gallische Dorf“ des Widerstands gegen den Zeitgeist. Unsere schu- lischen Stadtmauern gäben uns Sicherheit vor An- fechtungen von außen. Und dann die Illusion, wir seien ausstrahlende Leuchttürme gegenüber einer unchristlichen und relativistischen Umwelt. Wer in die Stadt gehen will, muss realistisch werden. Der erste Schritt des Realismus besteht dann darin, un- sere Schule als Stadt wahrzunehmen und dies ehr- lich zu bejahen. Zu dieser Stadt gehört unsere Schü- lerschaft: wir finden bei unseren Schülerinnen und Schülern großartige Menschen; aber wir finden natürlich wie bei allen Menschen all das, was da- zugehört, den Individualismus, den Egoismus, die Götzendienerei, die Fortschrittsgläubigkeit, aber auch die tastende Suche nach dem guten Leben, auch ein überzeugtes Christentum, und schließlich auch diejenigen, die nicht mehr mitkommen mit dem Tempo. In dieser verwirrenden Vielfalt will die Kirche ihnen begegnen, und geht damit das Risiko ein, von ihnen zu lernen, ihre Sprache ver- stehen zu lernen, ihre Denkweisen und Sehnsüchte ernst zu nehmen und es nicht schon immer besser zu wissen. Unseren Schülerinnen und Schüler als Kindern der Stadt: man muss ihnen begegnen wol-