34 Schulmagazin Info: www.erzbistum-koeln.de Silvester 1946 hielt der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings in St. Engelbert in Köln-Riehl sei- ne Jahresendpredigt. Seit Wochen war es eiskalt in Deutschland, ein Ende des strengen Winters nicht abzusehen. Hunderttausende Menschen lebten in den Ruinen ihrer Häuser, die Lebensmittel waren knapp, Kohlen und andere Brennstoffe für die Öfen kaum zu bekommen, die politische, moralische und allgemeine Lage miserabel. Frings predigte unter anderem über die Zehn Gebote. Zum 7. Gebot (Du sollst nicht stehlen) sagte er zum Entsetzen der bri- tischen Besatzungsmacht: „Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der Einzelne das wird nehmen dür- fen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder Bitten, nicht erlan- gen kann“. Einige Sätze später folgte die Mahnung, den eventuellen Schadensersatz dafür nicht zu ver- gessen. Die Folgen sind bekannt. Menschen, die etwa Briketts von Eisenbahnzügen oder Lebensmit- tel stahlen, um nicht zu erfrieren und zu verhun- gern, sahen sich nun moralisch bestärkt. Die Worte des Erzbischofs schienen ihnen eine Rechtfertigung für die Entwendung von Eigentum, die strafrechtlich im damals noch geltenden „Mundraub“-Paragrafen 370 StGB behandelt war. Offenbar - genau geklärt ist das nicht - nahmen die Kohlendiebstähle Anfang 1947 deutlich zu. Schnell kam für „Kohlenklau“ das Wort „fringsen“ auf, und dieses Kunstwort fand spä- ter sogar Eingang in ein „Lexikon der Umgangsspra- che“. Es ist bis heute gut bekannt. Info Ende Freizeit ist nicht freie Zeit „Pro hominibus constitutus – für die Menschen bestellt“ ist die Schulgemeinschaft des Kardinal- Frings-Gymnasiums in Bonn-Beuel getreu dem Wahlspruch ihres Gründers und Namensgebers Josef Kardinal Frings bereits seit 1964. Der weitere Verlauf der Predigt des Kardinals kul- minierte in der Differenzierung der Begrifflich- keiten „freie Zeit“ und „Freizeit“. Mehrfach wur- de betont, freie Zeit sei nicht gleichbedeutend mit Freizeit. Im Verbund mit den Feierlichkeiten zum Jubiläum, die bereits eine andere Kleiderordnung bei den Be- suchern hervorriefen, zeigten sich eigene Riten ei- ner temporär exponierten Kultur, die sich deutlich vom Alltag unterschied. In dieser Dimension des „Anderen“ wird der Alltagstrott unterbrochen. Der Kardinal und seine Priester, Professoren, hochran- gige Politiker, Schulräte und deren Vorgesetzte, Schulleiter anderer Schulen und weitere geladene Gäste machen sich auf den Weg. Sie haben ein Ziel und einen Treffpunkt für die Begegnung. Im tran- szendenten Auftakt der Feier findet man sie zu- nächst in der Kirche, einem anderen, höheren Ort, und dann im ausstaffierten Festraum der Schule, wo Festredner und Begrüßende, gerahmt von meh- reren Musikensembles und einer atmosphärischen Lichtarchitektur, Raum und Zeit mitgestalten. Die andere Zeit Die Feier zum Jubiläum präsentiert sich als eine andere Zeit, die zur Reflexion einlädt. Gelebt wird die freie Zeit, die nicht dem Alltag abgezwackt, in den Alltag eingefügt ist oder den Alltag ersetzt,