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2. Schulmagazin

42 Schulmagazin Prof. Dr. Peter Kohlgraf Zum 50-jährigen Jubiläum des Kardinal-Frings- Gymnasiums in Bonn „Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch“ (Apg 17,23) – Über das spannende Wag- nis, mit dem Evangelium in die Stadt zu gehen 1. Die Stadt Das Zitat aus dem Titel stammt aus dem 17. Kapitel der Apostelgeschichte, dem Bericht über den Be- such des Apostels Paulus in der Stadt Athen. Aus- drücklich stellt sich der christliche Missionar der Begegnung mit der kritischen philosophischen Bil- dungselite seiner Zeit . Der Ort dafür ist der Are- opag, Ort der Auseinandersetzung und Diskussi- on, Ort des Zusammentreffens unterschiedlichster Weltdeutungen. Dabei erweist sich Paulus als ein guter Kenner der Wissenschaft. In seiner Missi- onspredigt kann er sie als wichtigen Anknüpfungs- punkt für die christliche Verkündigung nutzen, ja mehr noch: er predigt mit Hilfe philosophisch- stoischer Motive. Bei manchen Philosophen und anderen Suchern der Wahrheit entdeckt Paulus in ihrer Sehnsucht nach einem guten Leben eine Art „anonymes Christentum“. Christliche Predigt ent- steht in der Beschäftigung mit anderen Denk- und Glaubenskulturen, denn natürlich war auch die damalige Philosophie nicht neutral gegenüber re- ligiösen Ansichten. Die Epikureer etwa, die zu den Gesprächspartnern des Paulus gehören, leugnen die Existenz jeder metaphysischen Instanz, sie pre- digen Lust und Lebensfreude. Wie die frühchrist- liche Theologie insgesamt findet der Apostel bei ihnen wenig Gemeinsamkeiten, aber immerhin: er weicht dem vernünftigen Gespräch auch mit ihnen nicht aus. In der Stadt begegnet er jedoch nicht nur den philosophischen Wahrheitssuchern: er sieht den alten Götterkult, die Tempelopfer, die Götterbilder, die ja nicht nur von den Juden und Paulus, sondern auch von den Intellektuellen belä- chelt und abgelehnt wurden. In der Ablehnung der sog. Götzen sind sich die frühen Missionare und die gebildeten Philosophen einig: so primitiv kann Gott nicht funktionieren. Wir sollten nicht meinen, die Menschen seien der christlichen Botschaft zugänglicher gewesen als heute, und sie seien in ihren Lebensvollzügen von gläubigen Haltungen geprägt gewesen. Zwar be- mühte man sich in den höheren Kreisen um ein tugendhaftes Leben, aber genauso wichtig war das Vergnügen. Ein römisches Sprichwort fasst die Le- benseinstellung zusammen: „Bad, Wein und Venus verbrauchen den Körper, aber sie machen das Le- ben lebenswert.“ Das Theater, das Spektakel der Arena, die Pracht der öffentlichen Bauten, auch die heute immer noch erstaunlichen Wunderwerke der Technik wie Kanäle und Straßen ergreifen die Menschen mehr als abstrakte religiöse Ideen. Nicht umsonst stilisiert sich Kaiser Nero im 1. Jahrhun- dert zum „Artifex“, also zum Chef-Ingenieur des Reiches . In einer solchen Stadt steht Paulus nun inmitten des Gewimmels, verkündet die Botschaft von dem einen Gott. Als er auf den Glauben an die Aufer- stehung Christi zu sprechen kommt, erlebt er eine missionarische Bauchlandung. Wer in die Stadt geht, geht das Wagnis des Scheiterns ein. Die Apo- stelgeschichte schreibt dazu nichts, aber es wäre doch erstaunlich, wenn den Apostel diese Erfah- rung völlig kalt gelassen hätte. Wäre Paulus in sei- nen Kreisen der Synagogen und engagierter kleiner christlicher Zirkel geblieben, hätte er sich eine der- art erniedrigende und peinliche Niederlage erspa- ren können. Wo der Glaube leiblich konkret wird, stehen den Menschen unverbindliches philosophi-

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